BTW21: Hass, Desinformation und Negative Campaigning im Online-Wahlkampf

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 fand stärker bis zu diesem Zeitpunkt in Online-Räumen statt. Risiken digitaler Gewalt, Hassrede und Versuche koordinierter Online-Desinformation waren damit so hoch wie noch nie. Diese potenziellen Bedrohungen des demokratischen Diskurses blieben nicht unbemerkt: Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 haben zahlreiche Organisationen Trends auf sozialen Medien beobachtet und mögliche Bedrohungen für den demokratischen Diskurs analysiert. Bislang fehlte eine vergleichende Analyse, um ein klares Bild zu erhalten und mögliche Verknüpfungen (sowie Widersprüche) dieser Ergebnisse aufzudecken. Unter diesem Hintergrund hat pollytix Anfang 2022 eine Meta-Analyse für Democracy Reporting International durchgeführt, wobei die wichtigsten Erkenntnisse von (deutschen) Think Tanks, der Zivilgesellschaft, Medien und der Wissenschaft zusammengeführt wurden. Die vergleichende Analyse beleuchtete das Desinformationspozential und das Maß an Online-Hassrede und negativen Kampagnen im Vorfeld der Bundestagswahl 2021.

  • Welche Plattformen verbreiten Online-Hass und Desinformation?
  • Wer (welche Politiker*innen) waren die Zielscheiben von Hassreden, Desinformationsnarrativen und negativen Kampagnen?
  • Was waren die wichtigsten Desinformationsnarrative, die während des Bundestagswahlkampfs 2021 aufgegriffen wurden? 

 

Unsere wichtigsten Findings:

  • Die stärkere Nutzung von Online-Plattformen und Technologien während des Wahlkampfs erhöht das Risiko von Hassrede, negativen Kampagnen und Desinformation. Dies kann politische Ereignisse massiv beeinflussen. Mehrfach wird in den analysierten Studien daher mehr Medienkompetenz gefordert.
  • Angriffe auf die demokratische Integrität kamen vor allem aus dem rechts(extremen) Spektrum, teilweise von antidemokratischen (ausländischen) Akteuren unterstützt. Dies verdeutlicht, wie wichtig vertrauenswürdige Medien und sorgfältige Berichterstattung für unsere Demokratie sind.
  • Der Einfluss und die Reichweite nicht-vertrauenswürdiger (ausländischer) Medien, wie zum Beispiel von ausländischen Staatsmedien wie RT DE, hat rasant zugenommen und wird vermutlich auch in Zukunft weiter zunehmen. Diese Entwicklung muss kritisch beobachtet werden.
  • Obwohl COVID-19 als Thema von Desinformation und Verschwörungstheorien während des Wahlkampfs eine zentrale Rolle spielte, birgt die Klimadebatte langfristig ein größeres Spaltungspotenzial. Die AfD hat mit klimaskeptischen Narrativen bereits große Reichweiten erzielt.
  • Viele Studien konnten zeigen, dass Annalena Baerbock häufiges Ziel von Hassrede und Desinformationsnarrativen auf mehreren Plattformen war. Im Vergleich zu Armin Laschet und Olaf Scholz gab es vor allem viele identitätsbasierte Angriffe in Form von sexistischen Stereotypen auf Baerbock.
  • Insgesamt braucht es mehr langfristige und systematische Forschung zum Thema Desinformation im Rahmen vom Wahlkämpfen. Außerdem sind auch einheitliche Definitionen und ein besserer Datenzugang wichtig, um diese Entwicklungen weiter verfolgen zu können.

 

Die Analyse war Teil des vom Auswärtigen Amt geförderten „Disinfo Radar“ Projekt. Den vollständigen Bericht zur Meta-Analyse finden sie hier.